»Eine Uraufführung ist der letzte Akt der Arbeit.« 

Nachdem im Kammerkonzert I im Rahmen des Festivals für Neues Musiktheater mehr Geräusche als Melodien zu hören waren, war das Kammerkonzert II definitiv mehr dem Melodischen zugetan. Bei dem Kammerkonzert II saß auch der Komponist selbst im Publikum.

Das FABOI Doppelrohrquartett präsentierte zeitgenössische Werke, komponiert in einer Zeitspanne von 1995 bis 2014. Der letzte Programmpunkt beinhaltete eine Besonderheit: die Uraufführung eines Auftragswerks für die Staatsoper Unter den Linden.

Das Ensemble begann mit dem Bläserquartett op. 5 von Dirk-Michael Kirsch für Oboe, Oboe d’amore, Englischhorn und Fagott. Der erste Oboist Fabian Schäfer führte die Musiker durch dieses Stück und deutete Dynamiken, Phrasen und Abschlüsse durch sein Spiel und die Bewegungen mit seinem Instrument an.

Im nächsten Stück, den »Sieben kleinen Geschichten aus dem doppelzüngigen Buch«  für vier Doppelrohrblattinstrumente wechselte Sabine Kaselow von der Oboe d’amore zur Bassoboe. Die Instrumentalisten verteilten sich für die sieben kleinen Episoden im ganzen Raum. Dadurch wirkte der Klang des Ensembles noch satter. Jeder hatte sein Solo, einige Phrasen endeten mit schrillen, sirenenartigen Klängen.

Das Highlight des Abends war Stefan Heuckes Quintett op. 73 für Oboe, Englischhorn, Bassoboe, Fagott und Klavier. Nicht nur weil dies eine Uraufführung eines Werkes aus dem Jahr 2014 war, sondern auch weil der Komponist persönlich anwesend war. Das Werk besteht aus zwei Sätzen, wobei der der zweite Satz ein Thema mit Variationen ist. Das Ensemble leistete dabei virtuose Sechzehntelläufe und Triolenpassagen. Andreas Grau am Klavier kreierte mal einen düsteren Klangteppich mit majestätischen Vierteln, mal war er der Themenführende. An manchen Stellen erinnerte das Stück an Filmmusik aus düsteren Psychothrillern, an anderen an den Soundtrack romantischer Dramen. Doch musikalisch blieb alles dissonant.

Heucke komponiert nicht am Klavier, er stellt sich die Töne im Inneren vor und schreibt sie gleich auf, per Hand oder, wenn Zeitdruck herrscht, in den Computer. Was die Besetzung seines op. 73 angeht, wollte der Komponist das Klavier dabei haben, um den symphonischen Klang zu erzeugen.

Der Zuhörer lechzte nach Auflösung der Tonart, sein Verlangen wurde aber nicht gestillt. Den Schluss des Stücks bezeichnet der Komponist selbst als Fragezeichen, da es mit einem verminderten Akkord ohne Auflösung endet. Trotz der Systematik, die Heucke in seine Werke einfließen lässt, bemüht er sich, dass man diese Absicht an theoretischen Grundlagen der Musik nicht hört. Für ihn steht das emotionale Erlebnis des Zuhörers im Mittelpunkt. Die Systematik im Komponieren ist hier nur Mittel zum Zweck der Emotionalität. Eine Symphonie von Brahms sei auch bis ins Letzte konstruiert, aber der Zuhörer merke davon nichts.

Kammerkonzert II
19. Juni 2014, 21:30 Uhr
Werkstatt

FABOI Doppelrohrquartett
Oboe: Fabian Schäfer
Englischhorn: Tatjana Winkler
Bassoboe / Oboe d’amore: Sabine Kaselow
Fagott: Sabine Müller
Klavier: Andreas Grau

Neuer Kommentar

Verfasse jetzt einen Kommentar. Neue Kommentare werden von uns moderiert.