Pierre Boulez zum 90. Geburtstag

Pierre Boulez - Foto: Monika Rittershaus

Michael Barenboim gratuliert dem großen Komponisten und Dirigenten.

Pierre Boulez ist eine der wichtigsten musikalischen Persönlichkeiten der letzten 70 Jahre, wenn nicht sogar die wichtigste. All seine Aktivitäten haben das Spielen, Hören und generell das Wahrnehmen von Musik, insbesondere derjenigen aus dem 20. Jahrhundert, komplett verändert.

Als Komponist schuf er eine neue Sprache, welche die Zukunft der Musik formte. Ein Stück wie Le marteau sans maître ist revolutionär, weil es Flexibilität innerhalb der komplexen Struktur erlaubt, die somit vielleicht streng, aber nie starr daherkommt. Seine Arbeit, die akustische Musik mit Elektronik verbindet (in Stücken wie Répons, …exposante-fixe… oder Anthèmes 2), ist immer auf der Höhe des technischen Fortschritts, und bleibt dennoch eindeutig und erkennbar individuell. Ein einzelnes Stück von ihm ist nicht nur in sich schlüssig, sondern leitet sich im Allgemeinen von einer sich in einem früheren Stück befindenden Idee ab; somit sind seine musikalischen Schriften insgesamt in sich schlüssig.

Als Dirigent gab er selbst den komplexesten Partituren Klarheit und Ordnung, ohne die nötige Freiheit und Flexibilität zu vernachlässigen. Das gilt für jede Art von Musik die er aufführte, ob zeitgenössisch oder nicht. Er konnte auf diese Weise nicht nur neue Stücke dem Publikum vertraut machen, sondern er klärte auch Stücke auf, die man meinte zu kennen. Durch seine Programmgestaltung nahm darüber hinaus Musik, die bis dahin ausschließlich in den Zentren der Neuen Musik gespielt wurde, ihren verdienten Platz im Stammrepertoire des Sinfonieorchesters ein; dies gilt insbesondere für die Zweite Wiener Schule.

Er konnte nicht nur durch seine Kompositionen und seine Aufführungen bestimmen, in welche Richtung die zeitgenössische Musik gehen würde; das Ensemble InterContemporain ist eines der am meisten gefeierten Ensembles der Welt, welches eine große Anzahl an neuen Stücken zur Uraufführung brachte. Das IRCAM als Forschungsinstitut für alle musikalischen und akustischen Belange stand nicht nur im Mittelpunkt vieler seiner eigenen Werke (einige von ihnen sind oben genannt worden); es ist eine auf allen Ebenen unentbehrliche Institution geworden.

Abschließend ist zu sagen, dass eine musikalische Welt ohne seinen Beitrag gänzlich undenkbar wäre. Man muss hoffen, dass seine gesamte Einstellung der Musik gegenüber, sich nämlich immer in ihre Dienste zu stellen, die Arbeit aller jetzigen und zukünftigen Generationen prägen wird. Davon zu lernen ist unsere Pflicht.


Diesen Beitrag findet ihr auch im Programmbuch zu der »Hommage à Pierre Boulez«

 

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