DEN KLANG AUF DIE BÜHNE BRINGEN

Mit »Robinson«, einem Auftragswerk der Staatsoper Unter den Linden, schuf Komponist Oscar Strasnoy ausgehend von Daniel Defoes Romanklassiker eine Kammeroper für sieben Sänger:innen, zwei selbstspielende Klaviere und über 30 verschiedene Musikautomaten. Edgardo Rudnitzky, Sounddesigner, Percussionist und Entwickler der mechanischen Musikobjekte, hat uns verraten, wie ein Musikautomat entsteht und worin für ihn die Faszination dieser selbstspielenden Instrumente liegt.

»Musikautomaten stellen schon lange Zeit einen wichtigen Teil der Musikgeschichte dar. Schon im 18. Jahrhundert entwickelten Instrumentenbauer mechanisch spielende Musikinstrumente wie Spieluhren oder Leierkästen. Ich selbst war schon als kleiner Junge von diesen selbstspielenden Automaten verzaubert. Als Kind nahm mich mein Großvater in Buenos Aires mit in eine Einkaufsgalerie, wo es im Untergeschoss eine mechanische Combo gab, Musiker in weißen Smokings, die – sobald man eine Münze eingeworfen hatte – Jazzmusik spielten. Ich war fasziniert von dieser Maschine. Und so schenkte mir mein Großvater eine Marionette, einen Mann in weißem Smoking, der, wenn man ihn bewegte, Maracas spielte.

Diese frühe Begegnung mit solchen mechanischen Musikinstrumenten scheint mich tief geprägt zu haben, denn ich entschloss mich, Musik zu studieren, wurde Percussionist und Komponist und begann schließlich selbst Musikobjekte und -installationen zu kreieren. An den Musikautomaten fasziniert mich bis heute ihre audiovisuelle Dimension. Anfangs arbeitete ich als Komponist viel mit Kabeln, Lautsprechern und Elektronik, doch irgendwann begann ich, den akustischen Sound zu vermissen, die Materialität der Instrumente, das Holz. Wo ist die Musik verortet? Diese Frage begann mich zu interessieren. Ist sie in der Luft, ist sie im Instrument, im Interpreten, im Komponisten? Ich wollte den Klang visuell zeigen, ihn quasi auf die Bühne bringen.

»Wo ist die Musik verortet? Diese Frage begann mich zu interessieren.«

Diese Gedankengänge beschäftigten mich, als ich begann, in Zusammenarbeit mit Oscar Strasnoy die Musikautomaten für »Robinson« zu entwickeln. So beschloss ich physisch greifbare Musikobjekte zu kreieren, mit einem Resonanzkörper, den man sehen und ertasten kann. Ich mochte die Idee, dass sie alle in gewisser Weise analog, handgemacht sind. Wir begannen mit der Entwicklung einiger Prototypen in meiner Werkstatt in Berlin-Kreuzberg. Die Automaten sollten den Klang eines Percussion-Ensembles erzeugen, doch nicht nur mit originären Percussion-Instrumenten. Der Klang einer Triangel konnte beispielsweise mit einem Glas erzeugt werden – wichtig war nur, dass ein hoher, metallischer Sound mit einem langen Nachhall entstand. Nach diesem Prinzip haben wir die verschiedenen selbstspielenden Instrumente entwickelt, insgesamt über 30 – angefangen von klassischen Schlaginstrumenten wie Triangel, Tamtam oder Becken, die per elektrischem Impuls auf unterschiedliche Art und Weise angeschlagen werden, über Saiteninstrumente wie Geige oder Gitarre, die mit einem motorisch angetriebenen Bogen oder Plättchen gespielt werden, bis hin zu neuartigen Klangobjekten aus Glas oder Metall, die ihrer alltäglichen Funktion entlehnt ganz ungewöhnliche Soundeffekte hervorbringen. Und hier kommt nun die Elektronik doch wieder ins Spiel, denn die einzelnen Musikobjekte benötigen natürlich einen Antrieb und eine Steuerung: Dies geschieht mit einem Computer, der die Automaten über MIDI ansteuert und triggert. So entsteht eine einzigartige Klanglandschaft, die für mich in ihrer entmenschlichten Dimension die ästhetische Grundlage bildet, auf der sich die Inselschicksale von Robinson und der anderen Protagonisten entfalten können.«

Edgardo Rudnitzky

 

Ein Kommentar

  • Klaus
    schrieb am 16.02.2023 um 23:08 Uhr.

    Es ist fantastisch, dass wir Rudnitzkys Werk in der Staatsoper sehen können.
    Leider sind die Karten ausverkauft.

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