Katharina Kammerloher zum 25. Hausjubiläum

Eine Heimat zu haben, ist viel wert. Heute hier und morgen dort zu sein, mag zwar reizvoll sein und gehört gerade für Künstlerinnen und Künstler häufig auch zum Alltag – wie gut aber ist es, wieder zu einem Fixpunkt zurückkehren zu können, um von dort aus wieder in die Welt und zu neuen Ufern aufzubrechen. 25 Jahre und länger an einem Haus zu sein, zumal an einer solch renommierten Institution wie der Staatsoper Unter den Linden, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern demonstriert eine ganz besondere Nähe und Verbindung.

Seit 1992 bereits amtiert Daniel Barenboim als Generalmusikdirektor hier, fast ebenso lang ist auch Katharina Kammerloher an der Staatsoper aktiv. Sie gehört zu den Stützen des Ensembles, mit einem beeindruckenden Portfolio an Partien, die sie an ihrem Stammhaus gesungen hat. Rosina war sie in Rossinis »Barbiere«, Cherubino im Mozart‘schen »Figaro«, Octavian im Strauss‘schen »Rosenkavalier«, zudem sang und verkörperte sie Mélisande in Debussys »Pelléas et Mélisande«, den Komponisten in Strauss‘ »Ariadne auf Naxos« sowie weitere Mozart-Rollen wie Zerlina in »Don Giovanni«, Dorabella in »Cosí fan tutte«, Annio in »La clemenza di Tito« sowie Marcellina in der aktuellen Produktion von »Le nozze di Figaro« – noch in dieser Saison wird sie in dieser Partie wieder auf der Bühne der Lindenoper stehen. Hinzu kam Wagner, unter dem Dirigat Daniel Barenboims etwa die Magdelene in den »Meistersingern« oder die Wellgunde im »Rheingold«, aber auch in Tschaikowskys »Eugen Onegin« oder Verdis Alterswerken »Otello« und »Falstaff« arbeitete sie mit dem Generalmusikdirektor, der sie 1993 an die Staatsoper geholt hat, zusammen. In nahezu allen Zeiten und Stilen fühlt sich Katharina Kammerloher daheim – neben den Klassikern des Repertoires wirkte sie bei Alte-Musik-Produktionen ebenso mit wie bei Aufführungen zeitgenössischer Musiktheaterwerke, beispielsweise bei den Sciarrino-Opern »Macbeth« und »Luci mie traditrici«, beide in der Regie von Jürgen Flimm. Die Eröffnungsspielzeit 2017/18 im grundsanierten Haus Unter den Linden sah sie in gleich drei Premieren: Als eindringliche »Sorge« war sie in »Zum Augenblicke sagen: Verweile doch!« mit Robert Schumanns »Szenen aus Goethes Faust« zu erleben (wobei sie Faust alias Roman Trekel erst ins Gewissen redete und ins Dunkel stürzte, indem sie ihn blind werden ließ), als stolze und gleichzeitig verletzliche wie tieftraurige Ottavia in Monteverdis »L’incoronazione di Poppea« ließ sie Wort und Musik ganz ineinander aufgehen, während sie als Meg Page in Verdis »Falstaff« ihre komödiantischen Gaben ausspielte. Stimmlich wie darstellerisch äußerst souverän und wandlungsfähig, zeigt uns Katharina Kammerloher jeden Abend, wenn sie auf der Bühne steht, was gutes Musiktheater ausmacht und was es zu leisten vermag. Und dass sie darüber hinaus eine glänzende Konzertsängerin ist, mit einem weit gefächerten Repertoire vom Barock bis zur Moderne, von Bach und Händel bis zu Schönberg und Boulez, spricht für ihren großen Interessensradius und ihre immense Vielseitigkeit.

Und dann wären da noch ihre Liederabende, mit denen sie seit 1997 regelmäßig in der Staatsoper auftritt. Schubert, Schumann, Brahms, Wolf und Mahler, den großen Liedkomponisten der romantischen Zeit, hat sie sich immer wieder gewidmet, in immer neuer Auswahl und Kombination, ob es sich nun um raffiniert gebaute Kleinodien der Liedkunst handelt oder um Gesänge volksliedhafter Natur. Aber auch ein solch anspruchsvoller Zyklus wie Schönbergs »Buch der hängenden Gärten« fand in ihr eine engagierte Künstlerin, desgleichen Manuel de Fallas 1914/15 entstandenen »Siete canciones populares Españolas«. Mit Klavierbegleitung hat sie diese sieben hochoriginell gestalteten, mit je eigenem Tonfall versehenen Liedminiaturen bereits gesungen, zum 25-jährigen Staatsopernjubiläum erklingen sie nun erstmals in einer eigens arrangierten Fassung für Singstimme und Klavierquintett.

Die Zusammenarbeit mit den Musikerinnen und Musikern der Staatskapelle ist Katharina Kammerloher ebenso wichtig wie diejenige mit ihren Sängerkolleginnen und -kollegen. Gemeinsame Liederabende mit Stephan Rügamer und Arttu Kataja bezeugen dies, desgleichen auch ein Quartettabend mit Brahms‘ »Liebeslieder-Walzern« 2016 im Schiller Theater – damals waren auch der Bariton Roman Trekel und die Pianistin Dana Sturm mit dabei: Der Ensemblegeist wirkt weiter.

25 Jahre – und sogar noch ein wenig länger – ist die Staatsoper nun schon die künstlerische Heimat von Katharina Kammerloher. Über all diese Jahre hat sie mit ihrem musikalischen Können, ihrer Persönlichkeit und ihrer Ausstrahlung eine Vielzahl an Aufführungen geprägt und bereichert, auf der Opernbühne wie auf dem Konzertpodium. Die Freude am Singen und Spielen mögen sie weiter begleiten – und nicht minder auch der Applaus und Dank des Publikums.

Ein Kommentar

  • Hans-Dieter Roser
    schrieb am 21.04.2021 um 12:29 Uhr.

    Die herzlichsten Glückwünsche, Katharina. Wie toll Du 25 Jahre Deine Qualität bewahrt hast. Ein echtes Ensemblemitglied!

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