KEINE PARADIESVOGELSTIMME – Drei Fragen an Nils Wanderer

Der visionäre deutsche Countertenor Klaus Nomi stand quer zu den Grenzen und Genres und war mit seinem Crossover aus Oper, Pop und New Wave seiner Zeit weit voraus. Nils Wanderer verkörpert den Ausnahmekünstler in der Hommage »DON’T YOU NOMI?«, die die Staatsoper Nomi anlässlich seines 40. Todestages und 80. Geburtstages widmet.

 

Wie Klaus Nomi stehst du als Countertenor auf der Bühne. Was macht diese Stimmlage so einzigartig?

Die Faszination des Countertenors besteht für mich vor allem in seiner Wandelbarkeit. Es ist eine Stimmlage, die einerseits sehr menschlich sein kann, andererseits aber auch vollkommen überirdisch, manchmal sogar geradezu verfremdet wirkt. Ich liebe die facettenreichen Rollen, die wir spielen dürfen, vom König bis zum Psychopathen, vom Barock bis zur Moderne. Und ich liebe es, Menschen mit meiner Stimme zu berühren, mit dem Publikum zu kommunizieren. Gerade die Countertenorstimme wirkt auf viele noch immer besonders faszinierend. Oberstes Ziel ist es für mich aber ganz authentisch zu singen. Gerade in meinem Fall als Altist – also als Countertenor, der in der Altlage singt – geht es sehr um die Herztöne. Es wichtig für mich, dass es nicht nur eine Paradiesvogelstimme ist!

 

Was verbindet dich persönlich mit Klaus Nomi?

Abgesehen von unserer Stimmlage haben wir eine ähnliche Vergangenheit: Wir kommen beide aus einem schwäbischen Dorf und sind beide nicht mit Kultur aufgewachsen, sondern haben uns alles selbst angeeignet. Ich finde es ergreifend, wie Nomis Liebe und Leidenschaft zur Musik ihn zu diesen Höchstleistungen getrieben hat, obwohl er ohne die besten Voraussetzungen gestartet ist. Trotzdem hat er es nach Amerika geschafft und trat sogar mit David Bowie auf!

»Ich bin davon überzeugt, dass das Überschreiten musikalischer Grenzen ganz neue musikalische Synergien birgt.«

Was fasziniert dich an Nomi als Sänger?

Mich fesselt insbesondere der Charakter seiner Stimme, die unglaublich ausdrucksstark und leidenschaftlich ist. Nomi musizierte mit einer starken Intention: Er verstand sich und seine Kunst als Brücke zwischen Klassik und New Wave und spielt in seinen Songs intensiv mit diesen beiden Elementen. Das ist auch ein großer Teil meines Weges: Als »Wanderer zwischen den Welten« bewege ich mich zwischen Barock und Moderne, bin nicht nur Sänger, sondern produziere auch elektronische Musik. Dieses Aufbrechen von E- und U-Musik verbindet uns stark. Ich bin davon überzeugt, dass das Überschreiten der musikalischen Grenzen ganz neue musikalische Synergien birgt. Gerade heute ist es wichtig, diesen Schritt nach vorn zu gehen und Oper als Kunstform öffnen, zu kollaborieren, gemeinsam neue Ideen, Wege und Ziele zu verfolgen – das ist die Zukunft! Das Bewahren der Tradition auf höchstem musikalischem Niveau ist für mich in diesem Sinne genauso wichtig, wie die Entwicklung einer neuen Vision von Musiktheater, die auch einen anderen Teil der Gesellschaft auf der Bühne widerspiegelt. Klaus Nomi war darin ein großer Vorreiter!

 

Die Fragen stellte Elisabeth Kühne.

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