ThrowbackThursday No 14 – aus 450 Jahren Staatskapelle Berlin

Zum 450. Jubiläum der Staatskapelle Berlin, das wir 2020 feiern, gibt es in dieser Serie wöchentlich einen #ThrowbackThursday mit interessanten Fakten und Wissenswertem aus der Geschichte der Staatskapelle Berlin für Euch.
Woche 14: Wie startet eine große Karriere? Das »Wunder Karajan« 1938

Es gibt Dirigenten, die zum Inbegriff ihres Berufsstandes geworden sind. Zu ihnen zählt zweifellos auch Herbert von Karajan, dessen entscheidende Karriereschritte eng mit der Berliner Staatsoper und Staatskapelle verbunden sind. Ende September 1938 dirigierte der damals dreißigjährige Aachener Generalmusikdirektor erstmals im Haus Unter den Linden, eine Aufführung von Beethovens »Fidelio«. Bei der Intendanz und beim Orchester, aber auch bei Publikum und Presse fand sein Dirigat große Resonanz, und so wurde der junge, charismatische Künstler mit weiteren Aufgaben betraut. Am 21. Oktober 1938 leitet er eine Vorstellung von Wagners »Tristan und Isolde«, die große Beachtung erfährt. Am Tag darauf erschien in der Berliner Börsen-Zeitung ein Artikel des Musikkritikers Edwin van der Nüll, der demonstrativ mit »Das Wunder Karajan« betitelt war. Der in Berlin bis dato noch weitgehend unbekannte Dirigent ist sofort in aller Munde. Nicht nur technisch habe er das Orchester und die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne bestens »im Griff« gehabt, er vermochte auch Wagners überaus anspruchsvoller Partitur bis in die letzten Details hinein gerecht zu werden, so wie man es kaum jemals erlebt hatte. Eine höchst eindrucksvolle Darstellung dieses Ausnahmewerkes sei vonstatten gegangen, in Stunden wahrer Magie. Unklar ist, welchen politischen Hintergrund van der Nülls Rezension hatte, welchen Sinn und Zweck der Text verfolgte – man kann ihn jedoch als einen Versuch werten, den offensichtlich außerordentlich begabten und fähigen Karajan als »Gegenfigur« zu dem mehr als zwanzig Jahre älteren und besonders prominenten Wilhelm Furtwängler zu etablieren. 1938 sollte Karajan auch erstmals die Berliner Philharmoniker dirigieren, denen er ab 1955, in Nachfolge Furtwänglers im Übrigen, über mehr als drei Jahrzehnte als Chefdirigent vorstehen sollte. Zunächst aber arbeitete er weiter mit der Staatskapelle Berlin: Im Dezember 1938 realisiert er eine erste Tonaufnahme mit diesem Traditionsorchesters, die Ouvertüre zu Mozarts »Zauberflöte«, 1939 wird er zum Staatskapellmeister berufen, in dunkler Zeit. Sein letztes Sinfoniekonzert mit der Staatskapelle dirigiert er im Februar 1945 im Beethovensaal – die Staatsoper liegt bereits in Trümmern.

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