ThrowbackThursday No 36 – aus 450 Jahren Staatskapelle Berlin

Zum 450. Jubiläum der Staatskapelle Berlin, das wir 2020 feiern, gibt es in dieser Serie wöchentlich einen #ThrowbackThursday mit interessanten Fakten und Wissenswertem aus der Geschichte der Staatskapelle Berlin für Euch.
Woche 36: Wie modernisiert man eine Konzertreihe? Felix von Weingartner übernimmt die Hofkapellenkonzerte 1891

Die Sinfoniekonzerte der Königlich Preußischen Hofkapelle im mittleren und späteren 19. Jahrhundert folgten festen Normen und Standards. Im Mittelpunkt standen die Wiener Klassiker, insbesondere die Beethovenschen Sinfonien. So verdienstvoll diese Pflege auch war, so wenig innovativ war sie es, zumal im Licht der fortschreitenden Zeit. Ein halbes Jahrhundert nach ihrer Begründung schien es notwendig, die Konzertreihe zu modernisieren. 1890 wanderten die »Symphonie-Abende« in den großen Saal des Opernhauses Unter den Linden, im Jahr darauf wurde ein junger Dirigent verpflichtet, in den man viele Hoffnungen setzte. Felix von Weingartner hatte im Alter von erst 28 Jahren den ehrenvollen Ruf nach Berlin erhalten, nach Kapellmeisterstationen in Königsberg, Danzig und Mannheim. Mit seiner eleganten Erscheinung und seiner scheinbaren Leichtigkeit und Souveränität des Dirigierens verkörperte er eine neue Art des »Pultvirtuosen«. In den ersten Jahren seiner Berliner Tätigkeit war Weingartner noch »doppelgleisig« unterwegs, in Oper wie Konzert, ab den späten 1890ern konzentrierte er sich jedoch auf die Leitung von sinfonischen Programmen. Bei allem Traditionsbewusstsein strebte er dabei eine vorsichtige Öffnung in Richtung Moderne an. Die regelmäßige Aufführung von Beethoven-Sinfonien, oft sämtlicher neun Werke innerhalb einer Saison, blieb erhalten, auch Haydn und Mozart sowie die frühen Romantiker waren weiterhin präsent. Neu indes war Orchestermusik aus dem slawischen Raum, u. a. von Smetana und Dvořák, Borodin und Rimsky-Korsakow, Tschaikowsky und Glasunow, darunter auch eine Reihe von großen Sinfonien. An französischer Musik kamen Werke von Bizet und Saint-Saëns hinzu, England war mit Elgar, Skandinavien mit Grieg vertreten. Auf Weingartner geht auch die Beschäftigung mit dem Œuvre Anton Bruckners zurück, dessen Sinfonien nach und nach in Berlin heimisch wurden. Aber auch Musik von Reger, Pfitzner, d’Albert und Schillings widmete sich Weingartner, der 1908 Berlin in Richtung Wien verließ, um als Nachfolger Gustav Mahlers Direktor der dortigen Hofoper zu werden. Über gut eineinhalb Jahrzehnte hatte er die Sinfoniekonzerte der Königlich Preußischen Hofkapelle entscheidend geprägt.

Neuer Kommentar

Verfasse jetzt einen Kommentar. Neue Kommentare werden von uns moderiert.