ThrowbackThursday No 44 – aus 450 Jahren Staatskapelle Berlin

Zum 450. Jubiläum der Staatskapelle Berlin, das wir 2020 feiern, gibt es in dieser Serie wöchentlich einen #ThrowbackThursday mit interessanten Fakten und Wissenswertem aus der Geschichte der Staatskapelle Berlin für Euch.
Woche 44: Wie hält die Moderne Einzug? Otto Klemperer dirigiert Weills »Dreigroschenmusik« 1929

Zehn Mal soll Otto Klemperer, seit 1927 Generalmusikdirektor an der Staatsoper am Platz der Republik, der sogenannten »Krolloper«, in das nahegelegene Theater am Schiffbauerdamm gegangen sein, um dort Kurt Weills »Dreigroschenoper«, den Sensationserfolg der späten 20er Jahre, zu sehen. Die Musik, gänzlich entgegengesetzt zur (spät)romantischen Ästhetik, faszinierte ihn derart, dass er den Komponisten beauftragte, aus der Opernpartitur eine Suite mit einigen besonders originellen »Nummern« für den Konzertsaal zusammenzustellen. Weill kam dieser Aufforderung nach, so dass Otto Klemperer am 7. Februar 1929 im Rahmen eines Staatskapellen-Sinfoniekonzerts in der Krolloper, kombiniert mit Werken von Bach, Hindemith und Strawinsky, die »Kleine Dreigroschenmusik» erstmals dirigierte. Weill hatte für diese Uraufführung die Stücke aus seinem Bühnenwerk neu instrumentiert, für jeweils zwei Flöten, Klarinetten, Fagotte, Saxophone und Trompeten sowie für Posaune, Tuba, Banjo, Schlagwerk und Klavier. Ein sehr spezieller, offenkundig »moderner« Klang ergab sich, unterstützt noch von Klemperers Haltung, die Musik so sachlich wie nur möglich spielen zu lassen, ohne die Hinzufügung subjektiven Ausdrucks. Dieser Zugang war charakteristisch für den Klemperer, der sich damit als Antipode zu seinen berühmten Dirigentenkollegen Bruno Walter, Wilhelm Furtwängler oder auch Erich Kleiber positionierte. Auf seine profilierten Bach-, Mozart-, Beethoven- und Brahms-Aufführungen traf das ebenso zu wie auf seine Annäherung an die zeitgenössische Musik. Der »Kroll-Stil«, später gleichsam legendär geworden, ist wesentlich das Resultat dieser Herangehensweise an die musikalischen Werke aus Vergangenheit und Gegenwart. Nur wenige Tage vor dem Konzert mit der Weill-Novität war eine Neuproduktion von Wagners »Der fliegende Holländer« über die Bühne gegangen. Die szenische und musikalische Umsetzung löste ein heftiges Für und Wider aus im diskussionsfreudigen Klima der Weimarer Zeit. Die »Kleine Dreigroschenmusik« begleitete Klemperer indes noch weiter: 1931 nahm er vier Stücke der achtsätzigen Suite für die Schallplatte auf – ein eindrucksvolles Zeugnis seines Gestaltungswillens.

Neuer Kommentar

Verfasse jetzt einen Kommentar. Neue Kommentare werden von uns moderiert.