Throwback Thursday No 6 – aus 200 Jahren Staatsopernchor

Zum 200. Jubiläum des Berliner Staatsopernchores, das wir 2021 feiern, gibt es in dieser Serie wöchentlich wieder einen #ThrowbackThursday mit interessanten Fakten und Wissenswertem aus der Geschichte des Staatsopernchores für Euch.
Woche 6: Der Staatsopernchor streikt 1919 und 1924

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gilt – durchaus zu Recht – als eine Phase kultureller Blüte, mit einer Vielzahl von innovativen Konzepten und einer aufregend »modernen« Kunst. Die »Goldenen Zwanziger« besaßen jedoch bekanntlich auch ihre Schattenseiten, allzu golden waren sie beileibe nicht. Es war eine Zeit enormer politischer und sozialer Spannungen, wenngleich voller Chancen und einer spürbaren Aufbruchstimmung. Die Lebensrealität war nicht selten bedrückend, gerade für Diejenigen, die nicht über ein höheres Einkommen oder ausreichende Reserven verfügten. Innerhalb des Theaterbetriebes gehörten auch die Chorsänger:innen dazu. Im Januar 1919, noch mitten in den Wirren der Revolution, regte sich in ihren Reihen ein erster Widerstand gegen die permanente Unterbezahlung: Anstelle der vereinbarten Gage von 350 Mark monatlich wurde oft nur etwas mehr als die Hälfte dieser Summe ausgezahlt, so dass sich der Chor der »ehemaligen Königlichen Hofoper«, wie man sich mangels eines offiziellen neuen Namens nannte, zu einer Streikaktion entschloss. Eine Vorstellung von Wagners »Lohengrin«, bekanntermaßen ein besonders chorreiches und -starkes Stück, musste aus diesem Grund abgesagt werden.

Zu einem weiteren Streik kam es einige Jahre später, als im Zuge der Hyperinflation in den ersten Monaten 1924 erneut ein Ausstand in die Wege geleitet wurde. Unzureichende Entlohnung und Existenzängste waren auch hier entscheidende Punkte, aber auch die offensichtliche Behinderung ihrer gewerkschaftlichen Arbeit konnte dem Chor nicht gefallen. Wirkliche Verhandlungen ließen sich nicht in Gang bringen oder waren früh gescheitert, so dass die Zeichen am 2. April 1924 wiederum auf Streik standen. Die Presse berichtete von der »chorlosen Staatsoper«, während die Streikenden versuchten, mit öffentlichen Aktivitäten auf sich aufmerksam zu machen. Bis zum 9. Mai trat der Chor nicht auf der Bühne in Erscheinung, dann wurde der Streik abgebrochen. In der Sache hatte er nicht viel gebracht, es war jedoch ein Schlaglicht auf das Ensemble geworfen worden, in jenen nachmals legendären Jahren der Weimarer Republik.

Neuer Kommentar

Verfasse jetzt einen Kommentar. Neue Kommentare werden von uns moderiert.