ThrowbackThursday No 7 – aus 450 Jahren Staatskapelle Berlin

Zum 450. Jubiläum der Staatskapelle Berlin, das wir 2020 feiern, gibt es in dieser Serie wöchentlich einen #ThrowbackThursday mit interessanten Fakten und Wissenswertem aus der Geschichte der Staatskapelle Berlin für Euch.
Woche 7: Wie wird etwas zur Legende? Die Uraufführung von Bergs »Wozzeck« 1925

Es galt als ein schier unspielbares Werk, das für Ende 1925 zur Premiere an der Staatsoper Unter den Linden vorgesehen war. Der Wiener Komponist Alban Berg, ein Schüler Arnold Schönbergs, hatte – wesentlich in den Jahren des Ersten Weltkriegs mit Vollendung der Partitur 1922 – eine Oper geschrieben, in der er eine dezidiert »moderne« Tonsprache von neuartiger Ausdruckskraft verwirklichte. Ungewohnt, auch irritierend waren diese Noten und Klänge, die sich die beteiligten Künstler erst aneignen mussten – nach und nach entstand aber ein Bild von dieser Jahrhundertoper »Wozzeck«. Der junge Generalmusikdirektor Erich Kleiber, ein gebürtiger Wiener, der 1923 aus Mannheim an die Berliner Staatsoper verpflichtet worden war, hatte sich der Sache angenommen. Nicht weniger als 34 Orchesterproben mit der Staatskapelle setzte er an, um die Partitur bis in ihre letzten Verästelungen hinein zu durchdringen und verständlich zu machen. Intensive Klavierproben, sowohl zu musikalischen als auch zu szenischen Zwecken, kamen hinzu; sie summierten sich nach Zeitzeugenberichten auf insgesamt 137. Am 14. Dezember 1925 erlebte das Haus Unter den Linden einen denkwürdigen Abend seiner Geschichte: Unter Anwesenheit des Komponisten, der den Probenprozess permanent begleitet hatte, wurde die Uraufführung einer Oper realisiert, die nachmals zu den bedeutendsten Musiktheaterwerken des 20. Jahrhunderts gezählt werden sollte. Leo Schützendorf als Wozzeck und Sigrid Johanson als Marie leisteten Erstaunliches, ebenso Erich Kleiber und die Staatskapelle bei der Bewältigung der immensen aufführungspraktischen Schwierigkeiten. Am Ende der Vorstellung gab es sowohl Ovationen als auch Kundgaben des Missfallens; das Echo der Presse ging weit auseinander, von begeisterter Zustimmung bis zu vehementer Ablehnung. Bewiesen aber war die ungeheure expressive Wirkung des Werks und die Möglichkeit, es adäquat aufzuführen. Eine Legende war geboren.

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